Wenn es schmerzt, steht für gewöhnlich das im Vordergrund, was gerade in unserem Körper passiert. Wir fühlen dann ein Stechen, Pochen, Ziehen, Brennen, Schneiden oder Ähnliches. Dies sind ganz normale Empfindungen in unserem Körper, wenn wir Schmerz erleben – unser Körper macht uns darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt. Oft wird gesagt, dass der Schmerz bei chronischem Schmerz diese Signalfunktion verliert. Ob das tatsächlich so ist, oder ob uns der Körper auf etwas anderes hinweisen will, wird heftig diskutiert. Hierzu wird es noch einen eigenen Blogeintrag geben.
Wenn wir ganz genau hinschauen, ist die eigentliche Schmerzempfindung aber nicht alles, was in uns passiert. Und erst alles zusammen ergibt das Schmerzerleben, das wir haben.
Gefühle
Wie oft begegnen wir jemandem, der oder die starke Schmerzen hat und bester Laune ist? Meiner Erfahrung nach passiert das sehr selten bis gar nicht. Im Zuge der Schmerzverarbeitung in unserem Gehirn werden nämlich automatisch Gefühle aktiviert, die wir als unangenehm erleben. Da ist die Angst, die uns warnt, vorsichtiger zu sein, die Niedergeschlagenheit, die uns ermahnt, uns zurückzuziehen, die Gereiztheit, die Traurigkeit, die Wut und, und, und.... Und all diese Gefühle, wenn auch nicht gewollt und schön, gehören zum Schmerzerleben dazu.
Wenn ich so fühle, wie wirkt sich das auf das Schmerzerleben aus?
Die Chancen schätze ich als recht gut ein, dass fast alle hier den Umstand kennen, dass Schmerz mehr weh tut, je schlechter ich drauf bin. Das eine wirkt sich auf das andere aus und umgekehrt.
Gedanken
Unser Schmerzerleben besteht jedoch nicht nur aus spüren und fühlen. Auch unser Denken mischt sich da ein und unser Kopf gibt uns die passenden Gedanken zu den Empfindungen und Gefühlen. Die meisten von uns sind nicht besonders gut darin, diese beim Auftauchen zu bemerken. Doch es gibt eine Art Hitliste schwieriger Gedanken, die fast jede:r von uns kennt. Dazu zählen Gedanken wie „Warum ich?“, „Ich kann nicht mehr!“, „Ich will das nicht mehr!“, „Ich halte das nicht mehr aus!“, „Ich bin zu nichts zu gebrauchen.“, „Ich bin nicht mehr leistungsfähig, nicht einmal die einfachen Sachen schaffe ich.“ usw. Natürlich hat nicht jede:r genau diese Gedanken, sondern wahrscheinlich irgendeine Spielart davon. Wenn ich so denke, wie wirkt sich das auf die Gefühle aus? Vorwiegend werden diese dann stärker.
Verhalten
Wenn ich das spüre und diese Gefühle und Gedanken habe, dann ist es nur ganz natürlich, wenn sich das auf mein Verhalten auswirkt. Wir ziehen uns zurück, sind angespannt, grummelig, kämpfen innerlich mit Gedanken, Gefühlen und Empfindungen, versuchen uns abzulenken und vieles mehr. Manchmal dreht sich so irgendwann ein großer Teil des Lebens um Schmerz, obwohl wir das gar nicht wollen – wir wollen ihn eigentlich loswerden. Das wiederum wirkt sich auf unser Denken und Fühlen aus und damit auf unser Schmerzerleben.
Das alles ist Schmerz
Schauen wir uns nun einmal alle Bestandteile vom Schmerz an, so wird schnell deutlich, warum niemand Schmerz genauso wie das Gegenüber erlebt. Schmerz ist absolut individuell und schwierig von außen zu erfassen. Hast Du auch schon mal erlebt, dass andere Deinen Schmerz nicht nachvollziehen konnten („Ja, ja, hatte auch schonmal Kopfschmerz...“)? Das liegt nicht unbedingt nur an der Schmerzstärke, sondern am gesamten Erleben, und das ist absolut individuell. Schmerz ist nur der Oberbegriff für ein Erleben mit verschiedenen Komponenten – Empfinden, Fühlen, Denken, Verhalten. Um Deinen Schmerz zu kennen ist es wichtig, die einzelnen Komponenten anzuschauen. Das ist nicht immer ganz einfach, doch mit etwas Geduld, Spucke und Hinschauen absolut machbar.
Meist spielen die einzelnen Komponenten reibungslos zusammen, sodass wir das Gefühl haben, wie auf Autopilot zu sein und gar nicht anders zu können, als auf eine bestimmte Art auf die Schmerzen zu reagieren. Wir haben hierzu schon einige Videos gemacht.
Hier ist das Einstiegsvideo dazu für Dich verlinkt:
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